Es gab eine Zeit, in der Aktienkurse hauptsächlich von harten Fakten abhängig waren, wie zum Beispiel von den Unternehmensergebnissen, Konjunkturprognosen und anderen belegbaren Daten. Inzwischen hängen die Finanzmärkte jedoch vollständig von den Entscheidungen der Notenbanken ab. Ob Jerome Powell in Washington oder Christine Lagarde in Brüssel den Zins-Daumen heben oder senken, beeinflusst maßgeblich die weitere Entwicklung der Aktienkurse.
Seit vielen Jahren verläuft die Entwicklung an den Aktienmärkten jedoch völlig entgegen dem gesunden Menschenverstand. Eine bevorstehende Rezession ist auf keinen Fall schlecht fürs Geschäft, da dann wieder die Notenbanken einspringen und die Märkte mit billigem Geld fluten. Ein Wirtschaftsboom hingegen führt dazu, dass Anleger aus Aktien aussteigen, da es keine großzügige Unterstützung seitens der Zentralbanken mehr gibt.
Am Mittwochabend war es wieder soweit und die Finanzwelt blickte nach Washington. Als Konsens galt, dass die US-Notenbank den Leitzins ein letztes Mal um 0,25 % erhöhen würde. Die Begründung: Die Inflation habe ihren Höhepunkt überschritten und es werde bald wieder eine geringere Teuerungsrate geben. Die Notenbanken müssten also schrittweise aus dem Zinserhöhungszyklus aussteigen.
Doch es kam anders. Zwar erhöhte die Fed den Leitzins tatsächlich um 0,25 %, jedoch gab es keine klare Ansage bezüglich des Ausstiegs aus der Zinswende, die die Anleger weltweit erwartet hatten. Stattdessen gab es den altbekannten Notenbank-Sprech: Man werde alle Optionen offenhalten und auf Basis aktueller Daten entscheiden sowie die weitere Entwicklung genau beobachten.
Dieses verbale Rumgeeiere passt perfekt zum altbekannten Mantra, wonach die Inflation nur ein vorübergehendes Phänomen sei. Gebetsmühlenartig wurde dieser Satz immer wieder wiederholt, bis ihn wirklich jedes Schulkind im Schlaf aufsagen konnte. Doch die vorübergehende Phase steigender Teuerungsraten entwickelte sich zu einem Normalzustand.
Zuletzt gab es zwar eine kleine Verschnaufpause, doch diese war von kurzer Dauer. Hierzulande ist die Inflation im Vergleich zum Vormonat wieder leicht angestiegen und hat sich offenbar im Bereich von 7 % konsolidiert. Im Vergleich zum Zinsniveau, das nur bei 4 % liegt, verlieren Sparer also weiterhin einen Teil ihres Vermögens, wenn sie es auf dem Sparbuch oder in einer Spardose aufbewahren.
Nun finden sich die Notenbanken offenbar mit einer dauerhaft hohen Inflation ab. Doch ihr zögerliches Vorgehen ist gefährlich. Eigentlich müssten die Leitzinsen deutlich höher liegen, um die Inflation wirksam zu bekämpfen. Doch dieser Schritt würde viele hochverschuldete Staaten, insbesondere in Europa, direkt in den Staatsbankrott führen. Denn das Schuldenmachen würde dann noch teurer werden. Und wer macht mehr Schulden als Staats- und Regierungschefs in aller Welt?
Für Gold ist die gegenwärtige Entwicklung eine exzellente Grundlage, um nun endlich Kurs auf ein neues Allzeithoch zu nehmen. In den letzten Wochen war der Bereich um die rund 2000-Dollar-Marke heiß umkämpft und auf neue Angriffsversuche in Richtung eines neuen Allzeithochs folgten Rücksetzer, die allerdings stets auf hohem Niveau blieben – genauso sieht ein gesunder Aufwärtstrend aus. Und wenn nun auch bald die Europäische Zentralbank erkennt, dass sie noch lange nicht die Inflation erfolgreich bekämpft hat, ist der Weg frei für neue Rekorde bei Gold in Euro und Dollar.
Was halten Sie von der Entscheidung der EZB und der Fed? Glauben Sie die Inflation hat ihren Höhepunkt überschritten? Lassen Sie es uns wissen in den Kommentaren.